Veranstaltung im Rahmen der Veranstaltungsreihe Zeit des Erinnerns
Am Samstag, den 13. November 2021, fand die Lesung „Hier wohnte Hanna Mecklenburg“, in der über das Leben der jüdischen Geschwister Hanna und Hermann Mecklenburg und deren Familie informiert wurde, statt. 
Auch diese Lesung ist ein Puzzelteil des Projektes „… dahin wie ein Schatten“, ein Kooperationsprojekt der Schülerinnen und Schüler der Cesar-Klein-Schule Ratekau und des Ostsee-Gymnasiums Timmendorfer Strand. Die Schicksale der Geschwister Hanna und Hermann Marcus Mecklenburg begleiten seit zwei Jahren die Gedenkstättenfahrten unserer beiden Schulen.
Bereits am Freitag vor der Lesung haben sich die Schüler/-in Käthe-Marie Wieseler (OGT), Wessam Alotba (CKS) und Robert Jahr (OGT) zu einer Generalprobe in der Mengstraße 52, dem ehemaligen Wohnhaus der Familie Mecklenburg, getroffen, um sich mit der Umgebung und den Texten vertraut zu machen.
Dieses alte Giebelhaus war seit 1885 im Familiensitz der Mecklenburgs und diente sowohl als Zuhause für die große Familie von Hannas Großvater Hermann Mecklenburg und gleichzeitig als Firmensitz seiner Papierwaren-Großhandlung, die dieser später mit seinen Söhnen führte. So wuchsen Hanna und ihr kleiner Bruder Hermann Marcus in den 1920er Jahren im Kreise einer großen Familie in der Mengstraße 52 auf.
Dieses Haus befindet sich heute im Besitz der Familie Heissing, die sich für die Erhaltung des geschichtlichen Hauses und dem Gedenken an die Familie Mecklenburg einsetzt. Seit dem Sommer 2007 liegen vor dem Haus in der Mengstraße vier Stolpersteine des Künstlers Gunter Demnig, deren in Messing geschlagene Inschriften Passanten auf das traurige Schicksal dieser Lübecker Familie aufmerksam machen sollen.
Das Erdgeschoss wird heute als Galerie genutzt, dort im Inneren befindet sich ebenfalls eine im Boden befestigte Gedenktafel mit den Namen der Familie Mecklenburg.
Hanna dürfte Schülerin der Ernestinenschule gewesen sein, wie es schon ihre Mutter und deren Schwestern waren. Ihr kleiner Bruder wird vermutlich in die 1934 eingerichtete Volksschule der jüdischen Gemeinde eingeschult worden sein.
Die eigentliche Lesung „Hier wohnte Hanna Mecklenburg“ begann am darauffolgenden Tag um 16 Uhr. Ein aufgebauter Beamer projizierte alte Bilder der Familie Mecklenburg, u. a. auch des alten Wohnhauses, auf einer Leinwand, um den Besuchern eine bildliche Vorstellung des damaligen Lebens dieser Familie zu geben. Insgesamt erschienen ca. 45 Besucher, darunter Eltern, Lehrer*innen, (ehemalige) Schüler*innen und interessierte Lübecker, die durch den Zeitungsbericht in den Lübecker Nachrichten auf die Veranstaltung aufmerksam geworden waren. Es war eine besondere Atmosphäre an diesem Nachmittag in diesem Haus, hier also lebten Hanna und Hermann Mecklenburg, für die wir vor 6 Wochen am Ort ihrer Ermordung eine Gedenkfeier veranstaltet haben.
Die Lesung begann mit einer Begrüßung durch Günter Knebel, pensionierter Lehrer der Cesar-Klein-Schule Ratekau. Dieser leitet zusammen mit Andrea Finke-Schaak, Lehrerin des OGTs, das Projekt „… dahin wie ein Schatten“.
Heidemarie Kugler-Weiemann, Mitglied der Initiative Stolpersteine in Lübeck, sprach ebenfalls einige Grußworte. 
Sie hat wesentlich dazu beigetragen, dass diese Lesung überhaupt stattfinden konnte. Sie entwickelte den vorzutragenden Text und trug durch ihre Recherchen viele Informationen über die Mecklenburgs zusammen. Wie Frau Finke-Schaak zum Schluss dann auch verriet, ist Frau Kugler-Weiemann Trägerin des Bundesverdienstkreuzes und, worauf sie besonders stolz ist, Trägerin des Obermayer German Jewish History Award. Für diesen Preis wird man von jüdischen Mitbürgern vorgeschlagen. Die Verleihung dieses besonderen Preises bedeutet eine besondere Ehre für Frau Kugler-Weiemann. Sie ist die einzige Preisträgerin dieses Obermayer Preises aus Schleswig-Holstein.
Die Initiative „Stolpersteine für Lübeck“ veröffentlicht ihre Recherchen auf einer Website, auf der auch die Biografie der Familie Mecklenburg zu lesen ist. So wurden Angehörige der Familie aus Holland, Deutschland, Kanada und der Schweiz auf die Recherchen aufmerksam und nahmen Kontakt zu Heidemarie Kugler-Weiemann, aber auch untereinander auf.
Nun begann die eigentliche Lesung, vorgetragen von Käthe-Marie Wieseler (OGT), Wessam Alotba (CKS) und Robert Jahr (OGT). Die Lesung wurde mit jiddischen Liedern untermalt, die Volker Schauer begleitet mit seiner Gitarre vortrug.
Es war eine sehr emotionale Lesung. Am Ende gab es viel Applaus und Danksagungen von Frau Finke-Schaak für die Familie Heissing, die ihre Galerie zur Verfügung gestellt hat, für Volker Schauer, der kurzfristig eingesprungen war, weil die ursprünglich geplanten Musiker krankheitsbedingt absagen mussten, für Frau Heidemarie Kugler-Weiemann, für ihren Einsatz und für ihr großes Engagement gegen das Vergessen und natürlich für uns Schüler. Frau Finke-Schaak betonte, dass - auch wenn wir leider in den letzten Jahren immer mehr mit Antisemitismus konfrontiert werden - so doch unser Projekt und das Engagement von uns Schülern, Hoffnung gibt und einen Gegenpol bildet zu Ausgrenzung und Rassismus. 
Nach einer halben Stunde Pause ging es dann 20 m entfernt im KoKi – im Kommunalen Kino Lübeck weiter. Hier wurde der 2019 gedrehte Film Licht ins Dunkel von Finn Nissen über die Gedenkstättenfahrt nach Auschwitz gezeigt. Bisher gab es drei gemeinsame Gedenkstättenfahrten von Schülerinnen und Schüler der CKS und des OGT. Es waren Schüler*innen aller drei Fahrten gekommen. Vor der Aufführung des Films hielt Herr Knebel ein paar einführende Worte. Als der Film endete, gab es regen Applaus aus dem Publikum. Nun saßen 5 Schüler und Schülerinnen (aus drei verschiedenen Gedenkstättenfahrten) sowie der Filmemacher Finn Nissen auf dem Podium und stellten sich den Fragen des Publikums. So wurde beispielsweise gefragt, wie die Schüler bzw. Schülerinnen diese vielen sehr emotionalen Eindrücke verarbeitet haben, wie ihre Familien nach der Rückkehr reagiert haben, wie das Interesse für das Thema im Freundeskreis gewesen sei, ob sich heute ihre Seh- und Lesegewohnheiten geändert hätten, wenn über das Thema Nationalsozialismus berichtet wird. Die Schüler*innen auf dem Podium haben sehr eindrucksvoll von dem Erlebten berichtet. So berichtete eine Schülerin davon, dass sie eingegriffen hat, als offensichtlich ein Fahrgast im öffentlichen Verkehrsmittel rassistische Bemerkungen von sich gegeben hat (sie erhielt Zwischenapplaus), ebenfalls waren sich alle Schüler*innen einig, dass sie sich jetzt Dokumentationen zu diesem Thema anschauten, dass sie viel sensibler für das Thema geworden seien. Zum Schluss dankten die Schüler den beiden Lehrkräften für ihr großes Engagement. 

Hanna und Hermann Mecklenburg mussten viel zu früh sterben. Wir haben aber heute dazu beigetragen, dass die Nationalsozialisten es nicht geschafft haben, ihre Identität auszulöschen.
Robert Jahr, OGT
Wir danken den Lübecker Nachrichten für die Genehmigung zur Veröffentlichung des folgenden Artikels:

Download Zeitungsartikel
Mit freundlicher Genehmigung zur Veröffentlichung auf unserer Homepage durch die Wochenzeitung Der Reporter.

Artikel-Reporter-24.11.21
Wir danken Heidemarie Kugler-Weiemann, Initiative Stolpersteine für Lübeck, für die Zuverfügungstellung ihrer Recherchen über die Familie Mecklenburg.
Erinnerung an Hanna Mecklenburg
in der Galerie Heissingart, Mengstraße 52
am 13. November 2021
Einführung: Heidemarie Kugler-Weiemann
Foto 1
Hanna Mecklenburg und ihr Bruder Hermann Marcus Mecklenburg
Stimme A
Hanna Mecklenburg wurde am 30. Juli 1922 in Lübeck geboren, vor nahezu einhundert Jahren also. Ihr Bruder Hermann Marcus kam fünf Jahre später am 20. Juli 1927 zur Welt. Das Foto zeigt die beiden im Alter von etwa 13 bzw. 8 Jahren, es dürfte 1935 aufgenommen worden sein.
Die Eltern der Geschwister waren Therese, genannt Thea Mecklenburg, geborene Falck und Heinrich Herbert Mecklenburg. Die Familie wohnte hier in der Mengstraße 52 in einem der hohen alten Giebelhäuser,
das sich schon seit 1885 im Familienbesitz befunden hatte.
Foto 2
Mengstraße 52
Stimme B
Hannas Großvater Hermann Mecklenburg hatte das Haus erworben als Zuhause für seine große Familie und als Firmensitz der Papierwaren-Großhandlung, die er 1870 gegründet hatte und später zusammen mit seinen Söhnen führte.
Foto 2a
Anzeige Lübecker Adressbuch 1914:
H. Mecklenburg & Co. Papier Großhandlung
Stimme B
Hannas Großvater Hermann Mecklenburg war 1841 in Moisling geboren. Sein jüdischer Vorname lautete Heimann Juda.
Foto 3
Hermann Mecklenburg
Stimme C
In der Mengstraße lebte er mit seiner zweiten Frau Friederike und den zehn Kindern aus zwei Ehen.
Hannas Vater Heinrich Herbert wurde 1886 als zweitjüngstes Kind geboren. Er und alle seine Geschwister wuchsen in Lübeck auf, gingen hier zur Schule und besuchten den Religionsunterricht in der neugebauten großen Synagoge in der St.Annen-Straße beim Rabbiner Salomon Carlebach.
Foto 4
Hochzeit von Dina Mecklenburg mit Maurice / Marcus Blitz 1907 in Lübeck
Stimme B
Die Söhne der Familie absolvierten nach Abschluss der Schule kaufmännische Ausbildungen in der Papierbranche. Die beiden ältesten stiegen wie Hannas Vater in die väterliche Firma ein und blieben in Lübeck wohnen, während alle anderen Geschwister die Stadt verließen.
Die drei älteren Schwestern von Hannas Vater gingen Ehen mit holländischen Kaufleuten ein.
Das Foto zeigt die große Hochzeitsgesellschaft im Sommer 1907 in Lübeck, die Dinas Eheschließung durch den Rabbiner Salomon Carlebach mit Maurice Blitz feierte.
Foto 5 FOTO-Fächer
Stimme C
Im Ersten Weltkrieg meldeten sich alle fünf Söhne der Mecklenburgs als freiwillige Kriegsteilnehmer, ein deutliches Zeichen für die starke Assimilation dieser jüdischen Familie.
Der Vater Hermann Mecklenburg erlebte den Krieg nicht mehr, er starb im Februar 1913, seine Frau im August 1915.
Foto 6
Adolph und Margarethe Babette Falck
Stimme B
Ihre Großeltern väterlicherseits hat Hanna Mecklenburg somit gar nicht mehr kennen gelernt, wohl aber die Eltern ihrer Mutter, Abraham Adolph Falck und Margarethe Babette Falck, geborene Marcus. Sie wohnten nicht weit entfernt von der Mengstraße in der Beckergrube.
Hannas Mutter Therese, Thea genannt, war 1893 als die zweitjüngste von sechs Töchtern geboren.
Foto 7
Hanna und ihre Cousine Friederike, Friedel genannt, im Garten der Plönniesstraße
Stimme A
So wuchsen Hanna und ihr kleiner Bruder in den 1920er Jahren im Kreise einer großen Familie in Lübeck auf. Geburtstage und Festtage dürften Anlass für gemeinsame Feiern und gegenseitige Besuche der Verwandten gewesen sein. Onkel, Tanten, Cousinen und Vettern wohnten nicht weit entfernt in der Lindenstraße, Sophienstraße und An der Mühlenbrücke.
Foto 8
Schülerinnen und Schüler der Religionsschule der jüdischen Gemeinde
1935
Stimme C
Auf diesem großen Gruppenfoto der Religionsschule aus dem Jahr 1935 sehen wir den Rabbiner Dr. David Winter und weitere Lehrkräfte und Kinder und Jugendliche unterschiedlichen Alters, darunter
Hanna Mecklenburg,
ihren Bruder Hermann Marcus,
ihre Cousine Friederike, Friedel gerufen,
und ihren Vetter Peter Mansbacher.
Stimme A
Hanna und auch Friedel Mecklenburg dürften Schülerinnen der Ernestinenschule gewesen sein, wie es schon die Schwestern ihrer Väter und auch Hannas Mutter und deren Schwestern gewesen waren.
Peter Mansbacher besuchte bis 1938 das Johanneum, war schließlich der einzige jüdische Schüler dort.
Hannas kleiner Bruder Hermann Marcus wird vermutlich in die 1934 eingerichtete Volksschule der jüdischen Gemeinde eingeschult worden sein und Unterricht bei Dr. Winter und den Lehrern in den Räumen der Synagoge gehabt haben.
Foto 9
Maurice Blitz und Hanna Mecklenburg am 30.6.1935
Stimme B
War die Familie in Lübeck schon groß, so gab es darüber hinaus enge familiäre Beziehungen zu den Verwandten außerhalb. Briefe wurden gewechselt, und Besuche fanden statt. Ganz sicher kamen alle Angehörigen anlässlich zweier Trauerfeiern nach Lübeck.
Stimme A
Dieses Foto zeigt Hanna Mecklenburg mit ihrem Onkel Maurice Blitz aus Holland am 30.6.1935.
Dieses Treffen mit den Verwandten aus Holland im Sommer 1935 war sicher eine große Freude und Abwechslung im bedrückender werdenden Alltag. Schon mehr als zwei Jahre hatten Hanna und ihre Angehörigen erleben müssen, wie die Politik der herrschenden Nationalsozialisten immer stärker zu ihrer Ausgrenzung und Entrechtung führte und wie die Sorgen in ihrer Familie wie in allen jüdischen Familien wuchsen. Firma und Haus gehörten seit einem Konkurs Ende der 1920er Jahre nicht mehr der Familie, aber Hannas Vater hatte bislang weiter Beschäftigung in der Papierhandlung und die Wohnung im Haus. Aber würde er als Jude nicht demnächst entlassen, ihm die Wohnung gekündigt?
Was sollte man tun? Bleiben? Auswandern? Aber wohin? Und welches Land würde die betagte Großmutter Margarethe Falck aufnehmen, die seit dem Tod des Großvaters bei der Familie in der Mengstraße wohnte ?
Hannas Cousine Gertrud hatte schon 1933 mit ihrem Mann und Sohn Deutschland verlassen und lebte nun in London; eine weitere bereitete sich intensiv auf die Auswanderung nach Palästina vor. Auch Hanna dürfte sich als Zionistin gesehen haben und einen Weg nach Palästina angestrebt haben.
Foto 10
Stimme A
Hanna in der Gruppe „Brith Hanoar“
Dieses Bild aus dem Jahr 1935 zeigt sie mit ihren Freundinnen und Freunden des zionistischen Jugendbundes „Brith Hanoar“ in den Segeberger Kalkfelsen.
Bis auf Hanna und diesen jungen Mann gelang es allen anderen Jugendlichen, während der nächsten Jahre Einreisevisa für Palästina zu bekommen.
Foto 11
Geburtstag der Großmutter in der Mengstraße 52
Stimme C
Ebenfalls 1935 wurde Hannas Großmutter Margarethe Babette Falck 80 Jahre alt, Anlass für eine Familienfeier in der Mengstraße 52 und für ein Foto.
Am Kopf der Tafel sitzt die Jubilarin. Hinter ihr steht ihre Tochter Therese mit ihren Kindern Hanna und Hermann Marcus und ihrem Mann Herbert Mecklenburg.
Am Tisch sitzen weitere vier ihrer Töchter:
Alice Wrescher, geborene Falck ist die Zweite von links. Sie wurde nach Riga deportiert und kam dort ums Leben.
Emmy Ettlinger, geb. Falck, die Dritte von links wurde mit ihrer Familie von Karlsruhe nach Gurs deportiert. Sie überlebte.
Gertrud Fürst, geb. Falck, die Dritte von rechts, überlebte Auschwitz und starb 1948 in Hamburg. Ihr Mann Henry, der hinter ihr stehend zu sehen ist, wurde in Auschwitz umgebracht.
Juliane Mansbacher, geb. Falck, die Zweite von rechts, wurde in Auschwitz ermordet. 1942 kam sie zusammen mit der Mutter, der dann 87 jährigen Margarethe Falck nach Theresienstadt, wo diese nach kurzer Zeit verstarb.
Martin Mansbacher, Julianes Mann, ganz links zu sehen, starb 1940 nach schwerer Krankheit in Lübeck. Ihr Sohn Peter, ganz rechts im Bild, konnte mit einem Kindertransport nach England gerettet werden.
Friedel Mecklenburg, die links steht, konnte mit ihrer Mutter nach Argentinien flüchten.
Musik
________________________________________________________________
Stimme B
Im September 1938 konnte Hannas Vater Herbert Mecklenburg nach Belgien auswandern, und seine Frau folgte ihm mit den Kindern im Oktober 1938 nach Wezembeek bei Brüssel. Dort waren seit längerem Herberts Schwester Dina und ihr Mann Maurice Blitz ansässig. Sie dürften bei der Beschaffung der Einreisevisa behilflich gewesen sein, denn außer dem Nachweis eigenen Vermögens war eine Arbeitsgenehmigung unabdingbar.
Doch der Fluchtort konnte Hannas Familie nur vorübergehend Sicherheit bieten - bis zur Besetzung durch die Deutschen im Mai 1940.
Dina und Maurice Blitz schafften es noch, Belgien zu verlassen und mit einem Schiff von Lissabon nach New York zu entkommen.
Foto 12
Passfoto von Heinrich Herbert Mecklenburg, aufgenommen wahrscheinlich mit der Registrierung im belgischen Judenregister
Stimme C
Hannas Vater Heinrich Herbert Mecklenburg wurde festgenommen und zusammen mit vielen anderen jüdischen Männern nach Südfrankreich in das Internierungslager Camp de St. Cyprien gebracht. Später wurde er ins Lager Gurs verlegt.
Foto 12a
Lager Gurs – gezeichnet von seiner Schwägerin Emmy Ettlinger.
Stimme B
Auszüge aus zwei Briefen, welche Herbert Mecklenburgs Schwägerin Emmy Ettlinger-Falck aus dem Deportationslager Gurs in Südfrankreich ihrem Sohn Leopold Ettlinger und seiner Frau in die Schweiz schickte.
Camp de Gurs, 1.1.1941
… Heute war ein trauriger Tag. Seit ich hier bin, suche ich nach Onkel Herbert, und zwar bei allen dafür zuständigen Stellen. Eine Adresse hatte ich nicht, obgleich ich mindestens 10 Leute beauftragt hatte, ihn mir zu suchen. Endlich traf ich einen Rabbiner, Dr. Ansbacher. (…) Dieser schickte mir gestern Abend eine Botschaft, ich solle ihn im Krankenbaracke besuchen. Als ich kam, war er vor einigen Stunden gestorben. Ihr könnt euch meine Gefühle denken. Er war schon in der Leichenhalle und ich eilte dort hin, konnte ihn aber nicht mehr sehen. So ging ich zurück in die Direktion und in die Baracke und liess mir erzählen, was nun ging. Ausserdem liess ich mir den Ehering und einen Brief vom 4.11.1940 von Thea geben. Leider stand nichts von Grossmutter drin, was ich so sehr erhofft hatte. Mehr Briefe soll er nicht bekommen haben, auch hatte er keine Bilder bei sich. Die Uhr habe er schon in St. Cyprien verkauft gehabt und konnte davon gut leben. Hier hatte er nichts mehr, und das war schlimm.
Seine Krankheit fing mit Schwächeanfällen (Hinfallen) an, und er bekam ein schlimmes Bein. Deshalb kam er in den Krankenbaracke. Zuletzt hörte er gar nicht mehr, schon mehrere Tage. Er lag aber stets friedlich und hatte keinerlei Schmerzen. Jedenfalls litt er nicht. Sollten die Kameraden noch etwas finden, werden sie es mir zur Beerdigung mitbringen. Sie sprachen alle reizend von ihm und haben ihn als den stillen, feinen Menschen erkannt, der er ja wirklich war. Dass ich, an der er so sehr hing, ihm seine letzte Zeit nicht erhellen und erleichtern konnte, tut mir in der Seele weh. Thea ist in Uccle, hat aber noch ihre Adresse chez Mme de Becker, 339 Avenue Molière. …
Stimme C
Camp de Gurs, 3.1.1941
Meine Lieben!
Heute haben wir nun Onkel Herbert zur letzten Ruhe begleitet, und er wurde mit vielen anderen zusammen, d.h. es waren 10 Gräber, begraben. Als ich ihm die Erde hinunterwarf, dachte ich, dass diese Erde gastreich für alle ist. In dieser wunderbaren Gegend wirkt alles intensiv auf mich, so auch, als der Rabbiner sagte, wer nicht vergessen ist, der ist auch nicht tot. …
Foto 13
Karteikarte von Hanna Mecklenburg im Judenregister
Stimme B
Ab 28. Oktober 1940 mussten sich in Belgien alle Juden ab dem 15. Lebensjahr in ein Register am Wohnort eintragen lassen. Auch eine katholische Taufe, die Therese, Hanna und Marcus Mecklenburg hatten vornehmen lassen, konnte dies nicht verhindern.
Foto 14
Passfoto von Hanna Mecklenburg
Stimme A
Laut der Eintragungen im „Judenregister“ hatten Hanna und ihre Mutter zum Zeitpunkt der Registrierung eine andere Adresse als Marcus, es gab also keine gemeinsame Wohnung mehr.
Foto 15
Passfoto von Hermann Marcus Mecklenburg
Stimme C
Hermann Marcus war noch Schüler, aber Hanna wie ihre Mutter als Dienstmädchen beschäftigt.
Stimme B
Ende Juli 1941 wurden die Bürgermeister der Gemeinden angewiesen, die „Judenregister“ an die Sicherheitspolizei in Brüssel weiter zu leiten,
und die Pässe der Familie wurden mit einem großen J gekennzeichnet.
Einen Monat später folgten Aufenthaltsbeschränkungen und ab Januar 1942 das Verbot, das Land zu verlassen.
Eine Verfügung vom 22. April 1942 ordnete den „Verfall des Vermögens von Juden zu Gunsten des Deutschen Reichs“ an. Sollte die Familie noch etwas Geld gehabt haben, so war es mit dieser Anordnung verloren.
Stimme A
Ab 27. Mai 1942 mussten Hanna und Hermann Marcus Mecklenburg und ihre Mutter den gelben Stern an ihrer Kleidung tragen.
Foto 16
Transportliste
Stimme C
Im Juli 1942 wurde in Mechelen (zwischen Antwerpen und Brüssel gelegen) das SS-Sammellager eingerichtet, um über die unmittelbar an das Lager angrenzende Bahnstrecke den Abtransport „der Juden für den Arbeitseinsatz im Osten in die Wege zu leiten“.
Stimme A
In diesem Lager wurden über 25.000 jüdische Menschen interniert, darunter Therese, Hanna und Marcus Mecklenburg.
Bei ihrer Ankunft hatten sie letzte Wertsachen abzugeben und erhielten eine Nummer. Dann hieß es warten auf den Transport – unter erbärmlichsten Bedingungen.
Am 4. August 1942 verließ der erste von 28 Todeszügen Mechelen. Therese Mecklenburg und ihre beiden Kinder wurden eine Woche später nach Auschwitz deportiert.
Auf der Transportliste vom 11. August 1942 von Mechelen für den zweiten Zug findet sich unter der Nr. 303: Hermann Marcus Mecklenburg, Elektrotechniker, staatenlos, und unter Nr. 304: Hanna Mecklenburg, Haushälterin, staatenlos.
Es ist davon auszugehen, dass sie unmittelbar nach ihrer Ankunft in den Gaskammern von Auschwitz-Birkenau ermordet worden sind. Hanna war 20 Jahre, Hermann Marcus 15 Jahre, ihre Mutter Thea gerade 49 Jahre alt.
Foto 17
Stimme B
Eines von drei Gedenkblättern für Hanna Mecklenburg,
ausgefüllt von ihrer Cousine Gertrud, die nach England hatte flüchten können.
In der Gedenkstätte Yad Vashem erinnern Gedenkblätter an Hanna Mecklenburg, ihre Eltern und ihren Bruder, ausgefüllt von Verwandten und einem Freund aus den Kindertagen in Lübeck, und seit dem Sommer 2007
liegen vor dem Haus in der Mengstraße vier Stolpersteine des Künstlers Gunter Demnig, deren in Messing geschlagene Inschriften Passanten auf das traurige Schicksal dieser Lübecker Familie aufmerksam machen.
Foto 18
Stolpersteine vor dem Haus Mengstraße 52 in Lübeck
Stimme C
Auch für Hannas Großmutter Margarethe Babette Falck und ihre Tante Juliane Mansbacher gibt es Stolpersteine in der Sophienstraße.
Die Initiative Stolpersteine für Lübeck veröffentlicht ihre Recherchen auf einer Website, auf der auch die Biografie der Familie Mecklenburg zu lesen ist – auf Deutsch und Englisch. So wurden Angehörige der Familie aus Holland, Deutschland, Kanada und der Schweiz auf unsere Recherchen aufmerksam und nahmen den Kontakt zu uns und auch untereinander auf. Eef de Jong, Madeleine Williamson, Wolfgang Oudotte, Vreni und Peter Ettlinger sie sind gewisslich in ihren Gedanken hier bei uns.
Foto 19
Foto Überreste Weißes Haus in Birkenau
Stimme B
Das Schicksal von Hanna und Hermann Mecklenburg begleitet seit zwei Jahren die Gedenkstättenfahrten der Schülerinnen und Schüler der Cesar-Klein-Schule Ratekau und des Ostseegymnasiums Timmendorfer Strand.
Nach ihrer Ankunft in Auschwitz-Birkenau wurden Hanna und Hermann Mecklenburg sofort zu einer der provisorischen Gaskammern, die in ehemaligen Bauernkaten eingerichtet wurden, ermordet. Die Tötungsstätten wurden nach ihrer Außenfarbe „Rotes bwz. Weißes Haus genannt.
Foto 20
Gedenkstein am Weißen Haus
Stimme C
Hier am Weißen Haus gedenken die Teilnehmer*innen der Fahrt den Geschwistern Mecklenburg, deren Asche in einer großen Grube hinter dem Haus verscharrt wurde, mit mitgebrachten Steinen und roten Rosen.
Musik
Lesung „Hier wohnte Hanna Mecklenburg“
Samstag, 13. November 2021, 16.00 Uhr
KunstGalerie heissingsART
Mengstr. 52, Lübeck
Heidemarie Kugler-Weiemann, Initiative Stolpersteine für Lübeck
Andrea Finke-Schaak, Ostseegymnasium Timmendorfer Strand
Günter Knebel, Cesar-Klein-Schule Ratekau
Schülerinnen und Schüler der beiden Schulen
Begrüßung: Wolfgang Heissing
Einleitung: Günter Knebel
Einführung: Heidemarie Kugler-Weiemann
Musik:
Jiddische Musik, Volker Schauer
Lesung: Käthe Wieseler, Robert Jahr, Wessam Alotba
Musik
Fortsetzung der Lesung
Musik
im Anschluss: Fragen und Austausch
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nesAm heutigen Tag sind wir wie immer früh aufgestanden und nach dem Frühstück um 8:30 Uhr noch einmal zum ehemaligen Konzentrationslager Birkenau gefahren. An unserem zweiten Tag in Birkenau war das Thema unserer Führung: Birkenau in seiner Funktion als Vernichtungslager. Als wir aus dem Bus ausgestiegen sind, war es sehr kalt und alle waren noch ein bisschen müde. Die Stimmung war bedrückt und es wurde nicht viel untereinander geredet. Wir hatten einen großen Strauß roter Rosen dabei und sind zu Fuß zum sog. Weißen Haus gegangen. Von diesem „Weißen Haus“ waren nur ein paar kaputte Ziegelsteine und die Grundmauern übriggeblieben. Hinter einem Zaun befand sich eine grüne Wiese und drei große Gedenksteine.


Roland berichtete, dass dies die Überreste des sog. Weißen Hauses seien, benannt nach der ehemaligen Außenfarbe des Hauses. Das Weiße Haus wie auch das Rote Haus waren früher alte Bauernhäuser, die 1942 zu provisorischen Gaskammern umfunktioniert wurden. Die Häuser wurden luftdicht isoliert, sodass die Nazis hier Tausende jüdischer Menschen mit Zyklon B vergasen konnten. Die Menschen mussten sich draußen ausziehen und wurden dann zu mehreren Hunderten in die Gaskammer getrieben. Ein Sonderkommando, was aus Häftlingen bestand, musste die Toten auf die Wiese tragen. Dort wurden ihnen noch die Goldzähne herausgebrochen, sie wurden dann verbrannt und in einem riesigen Massengrab verscharrt. Genau hier wurden auch die Lübecker Geschwister Hanna und Hermann Mecklenburg ermordet. Wir waren alle sehr berührt und sehr in uns gekehrt, weil wir uns im Vorfeld zu dieser Fahrt sehr intensiv mit einigen Lübecker Familien beschäftigt hatten, besonders auch mit dem Geschwisterpaar Mecklenburg.
Lucja Nara hat dann einen Brief an Peter Mansbacher, den sie im Vorfeld der Fahrt aus der Perspektive eines Freundes geschrieben hatte, verlesen. LeAnn hat ihren Brief an Margot Prenski vorgelesen. Christoph hat ein paar Worte an die Geschwister Hanna und Hermann Mecklenburg gerichtet. Mira hat dann einen Bericht eines Augenzeugen der Vergasungen vorgetragen.
Wir haben dann alle eine rote Rose an den Gedenksteinen am Weißen Haus niedergelegt, und dabei an die vielen Ermordeten an diesem Ort gedacht. Die Stimmung nach dem Gedenken war bei uns allen sehr bedrückt.
Nach dem Gedenken sind wir zu dem großen Denkmal auf dem Gelände von Birkenau gegangen. Das Denkmal wurde in den 60er Jahren dort errichtet, wo die beiden größten Gaskammern gestanden hatten. Von den Gaskammern sind nur noch Ruinen übrig, denn die Gaskammern wurden von der SS kurz bevor die Rote Armee Auschwitz befreit hat, gesprengt. Man wollte Beweise vernichten. Das Denkmal besteht aus mehreren Schrifttafeln in Bronze – auf jeder Tafel steht die gleiche Inschrift, aber in vielen verschiedenen Sprachen. Jede Sprache repräsentiert das Land ggf. die Länder, die viele Holocausttote zu beklagen hatten. Das Denkmal dort ist riesig. Auch dort lagen frische Schnittblumen auf den Bronzetafeln.
Danach sind wir über das Gelände gegangen zu der sogenannten ,,Sauna”. In der „Sauna“ vollzog sich die Aufnahme der neuen Häftlinge.
Hier durchliefen die Häftlinge verschiedene Stationen, wo sie registriert, geduscht, rasiert, desinfiziert und mit der Häftlingskleidung versehen wurden. Im letzten Raum war eine riesige Fotowand. Zu sehen waren viele Einzel- und Familienfotos aus den Beständen der Häftlinge, die ihnen hier abgenommen wurden. Die Fotos zeigten den früheren Alltag der jüdischen Familien, Fotos von Kleinkindern, Kindern beim Spielen, Hochzeitsfotos, Fotos vom Urlaub, Fotos von der Einschulung, von Familienfeiern – Fotos von Menschen unterschiedlicher gesellschaftlicher Schichten. Alle diese Menschen, die diese Fotos mitgebracht hatten, wurden hier getötet.


Wir alle kennen die gigantischen Zahlen der ermordeten Menschen. Diese Fotos auf diesen riesigen Stellwänden zeigten, dass alle diese Menschen, die hier gelandet waren, Familien hatten, ein Leben hatten, uns wurde noch einmal bewusst, dass jeder Ermordete eine individuelle Geschichte hatte.
Einzelnen von uns standen Tränen in den Augen. Ein sehr bewegender Ort, der lange auf uns nachwirkte.
Roland führte uns dann noch zu den Krematorien II + III, die von den Nazis bei ihrer Flucht ebenfalls gesprengt wurden, und erklärte die einzelnen Funktionsabschnitte, die wir in der Nachbildung im Museum des Stammlagers gesehen hatten. In der Wirklichkeit waren die Dimensionen gewaltig, die Ruinen stehen noch so, wie sie die Rote Armee am 27. Januar 1945 vorgefunden hat.
Bei den Krematorien IV + V berichtete Roland von der letzten großen Vernichtungsaktion im Sommer 1944, in der über 300 000 jüdische Ungarn ermordet wurden. Am 7. Oktober 1944 gab es einen bewaffneten Aufstand des Sonderkommandos, das Krematorium IV wurde dabei teilweise zerstört. Die SS schlug den Aufstand nieder und hat über 400 Beteiligte anschließend ermordet.
Auf verschlungenen Wegen kehrten wir zurück zu unserem Bus.
Nach dem Mittagsessen in der Begegnungsstätte in Oswiecim räumten wir unsere Zimmer und fuhren mit dem Bus zur Franziskanerkirche der Unbefleckten Mutter Gottes in Harmeze. Dort im Kellergewölbe gab es eine riesige Ausstellung des Auschwitzüberlebenden Marian Kolodziej, der die Häftlingsnummer 432 trug. Er arbeitete in den verschiedensten Einheiten: Abbruchkommando, Kiesgrubenkommando, Straßenkommando, Industriehof II-Bauhof. Nach dem Krieg studierte er Kunst und hat als Bühnenbildner gearbeitet. Erst 50 Jahre nach Kriegsende war er in der Lage über das Erlebte in Auschwitz zu sprechen. Er verarbeitete das Grauen, in dem er das Erlebte zeichnete. Es entstand die Ausstellung „Klischees der Erinnerung. Labyrinthe“, ein unglaubliches Werk von Bleistiftzeichnungen. Wir wurden von einem Franziskanermönch durch das riesige Kellergewölbe geführt. Es waren so viele Zeichnungen dort ausgestellt, dass jeder freie Raum an den Wänden belegt war. Teilweise waren die Bilder riesig, voller Details, erschütternd und auch diese Bilder haben uns alle sehr sehr nachdenklich gestimmt.


Danach führen wir weiter nach Krakau. Dort bezogen wir in einem Hotel in der Innenstadt unsere Zimmer. Wir hatten dann abends vor dem Abendessen eine Stunde Freizeit und sind in Kleingruppen durch die wunderhübsche Innenstadt von Krakau geschlendert, haben einen Blick in die berühmten Markthallen geworfen und haben uns dann in einem italienischen Restaurant zum Abendessen getroffen. Es war schön, nach diesen vielen traurigen Eindrücken während des Tages durch die beleuchtete Altstadt von Krakau zu gehen. Nach dem Abendessen sind wir alle zusammen zum Hotel zurückgegangen.
Fortsetzung folgt …
Jette Flebbe und Cecil Sailer, 11. Jg.
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